Zweites Statement zu der Forderung, das Gedenken am 12. August zu unterlassen

Zweites Statement zu der Forderung, das Gedenken am 12. August zu unterlassen

Kurz vor dem 12. August 2022 veröffentlichten wir ein Statement auf unserer Website. Es bezog sich auf eine Email mit einem gescannten Dokument, in dem wir und „die deutschen Medien“ aufgefordert wurden, „sämtliche Berichterstattungen, ‚Aufklärungs‘-versuche sowie Gedenkveranstaltungen” zu unterlassen. Diese Email wurde uns von einer uns unbekannten Person zugesendet. Das gescannte Dokument trägt vermeintlich die Unterschrift der Angehörigen des verstorbenen Raúl Garcia Parets.

Wir kündigten in unserem Statement vor einem Jahr an, der Herkunft des Schreibens nachzugehen und persönlichen Kontakt zur Familie Paret zu suchen. In der Zwischenzeit war ein Mitglied der Initiative vor Ort in Kuba und hatte die Möglichkeit, ein Telefongespräch mit der Schwester Raúl Parets zu führen.

In diesem Gespräch wurde sehr deutlich, was die Familie möchte und was nicht:

Die Familie äußerte die klare Bitte, dass keine Journalist*innen oder Fernsehteams mehr zu der Familie kommen sollen, um Interviews zu führen und Fragen über Raúl zu stellen. Die Schwester hat uns auch erklärt, dass sie selbst ihren Frieden mit dem Tod ihres Bruders schließen möchte, dass sie ihre Ruhe haben und nicht mehr aktiv in das Gedenken involviert sein will.

Wir haben großes Verständnis für diesen Wunsch und werden diesem nachkommen. Somit werden wir die Familie Paret in Zukunft nicht mehr in das Gedenken am 12. August einbeziehen. Außerdem werden wir keine Journalist*innen oder andere Interessierte mit der Familie in Kontakt bringen. Wir erkennen den ausdrücklichen Wunsch an, nicht mehr mit uns zusammenarbeiten zu wollen.

Die an uns verfasste Aufforderung, das Gedenken vollständig zu unterlassen, wurde von der Schwester in dem Telefonat nicht geäußert. Ebenso wenig wurde die Echtheit der vermeintlichen „Unterlassungsaufforderung“ und der Unterschriften nach unserer mehrmaligen Nachfrage von ihr bestätigt.

Für unsere weitere Arbeit sind die im direkten Gespräch geäußerten Wünsche handlungsleitend. Die Familie Paret hat jederzeit die Möglichkeit, telefonisch direkt mit uns in Kontakt zu treten und uns weitere Wünsche mitzuteilen.

Die mutmaßlichen Morde an Delfin Guerra und Raúl Garcia Paret gehören zu den frühesten dokumentierten rassistischen Gewalttaten sowohl in West- als auch in Ost-Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Sie stehen beispielhaft für die Kontinuität eines gesellschaftlichen als auch institutionellen Rassismus. Ihre Namen sind Teil einer Geschichte, die damals wie heute versucht wird unsichtbar zu machen. Deshalb ist es gerade jetzt wichtig, weiterhin öffentlich an sie zu erinnern.

Darüber hinaus stehen wir seit über einem Jahr in engem Kontakt mit der Familie von Delfin Guerra. Seine Schwestern und seine Neffen äußern den klaren Wunsch, das jährliche Gedenken fortzusetzen. Bereits im vergangenen Jahr hat die Familie über WhatsApp live an dem Gedenken teilgenommen. Dieses Jahr werden zum ersten Mal zwei Angehörige aus Kuba nach Merseburg kommen und das Gedenken mitgestalten. Deshalb werden wir das Gedenken, mit allem nötigen Respekt gegenüber der Privatsphäre der Familie Paret, fortsetzen.

 

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